Musikkapelle Nüsttal beeindruckt beim Weihnachtskonzert

NÜSTTAL-HOFASCHENBACH. Für einen perfekten Ausklang des Weihnachtskonzertes sorgte die Musikkapelle, unter Leitung ihres Dirigenten Martin Genßler, in der vollbesetzten Pfarrkirche St. Peter und Paul. Neben dem Orchester traten aber auch verschiedene Ensembles aus den eigenen Reihen, ein Chor und Solisten auf. Den Anfang des Abends bestritt das rund 35-köpfige Ensemble mit dem Spiritual „Go tell it on the Mountain“ (sinngemäß: Geh, ruf es vom Berg (Jesus Christus ist geboren)), welches zur Zeit der amerikanischen Sezessionskriege um 1865 entstanden sein soll. Aus der Feder des belgischen Komponisten Bald Wyntin stammte das zweite Stück des Abends: „So now is come our joyful feast“ im Stil eines typisch irischen Reel-Tanzes. Hier überzeugte Pia-Maria Sauer mit einem ausgedehnten Alt-Saxophonsolo. Besonders im langsamen Teil des Stückes kommen dem kundigen Zuhörer Assoziationen mit der amerikanischen Musik.

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Historischer Zusammenhang ist hier die große Auswanderungswelle Mitte des 19. Jahrhunderts während der großen Hungersnot in Irland, dessen Folge war, dass viele Einwohner nach Amerika flohen und neben ihrem Leben auch ihre Musik mitnahmen, die sich dann am anderen Ende des großen Teiches mit der amerikanischen Folkloristik vermischte und sie beeinflusste. Auf der grünen Insel verweilte die Musikkapelle Nüsttal auch bei ihrem dritten Stück: Ankunft der Königin von Saba aus dem Oratorium „Solomon“ von Georg Friedrich Händel, das zufälligerweise am 17. März 1749 am St. Patrick’s Day uraufgeführt wurde. Die Königin von Saba (im Neuen Testament als „Königin des Südens“ beschrieben) ist eine biblische Gestalt, die am Hofe des Königs Salomon erschien, da sie von seiner Weisheit gehört hatte und ihn reich beschenkte. Nach einem musikalisch-thematisch so dicht verwobenen ersten Programmteil konnte man es dem Orchester nur mit viel Applaus danken.

Thematisch der britisch-amerikanischen Musik verbunden blieb auch das Posaunentrio, bestehend aus Anna Flügel, Philipp Kapp und Larissa Noll, die Zwei Canzonetten des britischen Komponisten Thomas Morley, ein Schüler des bekannten Musikers William Byrd, gekonnt zu Gehör brachten und dem Publikum anschließend zwei weitere Spirituals präsentierten: Das ruhige Deep River und das swingende „Down by the Riverside“. Keinen größeren Kontrast hätte das vhs-Nachwuchsblasorchester MaNü (ebenfalls unter Leitung von Martin Genßler) machen können, welche ihren Auftritt mit der Musik eines französischen Komponisten begannen. Sie führten zwei Sätze aus dem Weihnachtsoratorium von Camille Saint-Saëns auf– das Gloria, das an Weihnachten erstmals seit Beginn der Adventszeit ertönt, und dem Finale.

Nach diesem famosen Einstieg zeigten aber auch sie ihre anglophile Neigung. Mit der gelungenen Bearbeitung des Chorwerkes „In the bleak Mid-Winter“ durch Philip Sparke zeigten die Musiker, dass sie auch ruhige Werke überzeugend darbieten können. Diese Komposition stammt von niemand geringerem als Gustav Holst, einem Komponisten, dem es mit einigen seiner Zeitgenossen gelang, zum ersten Mal seit dem Tod Henry Purcells 1695 England zu einer eigenständigen Tonsprache zu verhelfen, die auch weltweit Anklang fand und immer noch findet. Mit dem Medley „Christmas Bells“ von Andrew Balent und dem Lied „Herbei, oh ihr Gläubigen“, bei dem sie das Publikum zum mitsingen einluden, beendete das Nachwuchsblasorchester seinen Auftritt. Anschließend interpretierten Martin Genßler (Orgel) und Yannik Helm (Klarinette) den zweiten Satz aus dem ersten Klarinettenkonzert von Carl-Maria von Weber, welches ursprünglich dem bekannten deutschen Klarinettisten Heinrich Joseph Baermann gewidmet wurde. Für den Vortrag ernteten sie den Applaus des Publikums.

Nun folgten zwei besondere Konzerthighlights: den Anfang machten die Nüsttaler Alphorn-Bläser, bestehend aus Philipp Flügel, Matthias Flügel, Rudi Hauser und Simon Herr. Sie konnten mit den Werken „Abendruhe“ (Hans-Jürg Sommer), sowie zwei Sätzen aus der Alphornmesse von Herbert Bitschnau die fernen Berge Österreichs und der Schweiz direkt in die Hofaschenbacher Pfarrkirche bringen. Durch ihr ausgefeiltes Zusammenspiel war es leicht innerlich Bilder einer verschneiten Pfarrkirche inmitten eines kleines Dorfes bei Nacht, irgendwo in den Alpen aufsteigen zu lassen. Das zweite Highlight war der Gastchor „Patchwork Voices“ aus Schwarzbach unter Leitung des in Frankfurt a. M. Musik studierenden Dirigenten Alexander Farnung. Ihr Schwerpunkt war an diesem Abend eindeutig das Neue geistliche Lied. Die Stücke „Jesus dein Licht“, „Leben ist ein Geschenk“, „Wäre die Freude doch immer so groß“, sowie „Im Stall zu Bethlehem“ brachten sie mit Begeisterung und großem Klang zu Gehör.

Auch den Händel Chorsatz „Joy to the World“ (aus dem Oratorium „Messias“, welches wohl als DAS Oratorium Händels gilt) sorgte für Begeisterung im Publikum. Mit dem amerikanischen Weihnachtslied „Frosty the Snowman“ verabschiedete sich das junge Gesangsensemble von seinem Publikum. Mit nicht weniger Begeisterung und Musikalität spielte anschließend das Saxophonensemble „Trio in Es“ (Pia-Maria Sauer, Alt – , Ute Krönung, Bariton-, sowie Willi Genßler, Kontrabasssaxophon) auf. Sie präsentierten als erstes das Stück „Quelle des Lichts“, von Sauer selbst komponiert. Dieses Werk entstammt einem größeren Zyklus von Werken für Saxophontrio, für den die junge Musikerin in diesem Jahr den Kulturpreis der Stadt Kassel verliehen bekommen hat. Ihre Arrangierfähigkeiten zeigte Pia-Maria Sauer mit der gelungenen Bearbeitung des Hits „Santa Baby“, bei der man viele Füße im Publikum mitwippen sah.

Zum krönenden Abschluss des Konzertes nahm nochmal die Musikkapelle Nüsttal platz. Sie begannen ihren zweiten Block dem italienischen Weihnachtslied „Oggi è Nato“. Um den Bogen zu schlagen und so, nach viel mittel- und südeuropäischer Musik, ihr Konzert zu einem runden Abschluss zu bringen, spielte das Orchester noch zwei Titel aus dem amerikanischen Raum. „A Child is born“ von dem amerikanischen Jazztrompeter Thad Jones wurde gekonnt dargeboten und gesanglich von der stimmgewaltigen Ute Krönung unterstützt. Den Abschluss des offiziellen Teils bildete eine Komposition des Amerikaners Leroy Anderson. Dieser wurde vor allem für seine kurzen und einfallsreichen Werke bekannt, die er Großteils für das Boston Pops Orchestra schrieb, dessen heutiger Ehrendirigent übrigens niemand anders ist, als der überaus bekannte Komponist John Williams. Eines Andersons bekanntesten Werke dürfte wohl das Stück „The Typwriter“ für Solo-Schreibmaschine und Orchester darstellen (verwendet in der Serie „Büro, Büro“).

Dieses Werk ist mindestens genauso originell, wie das von der Musikkapelle Nüsttal gespielte „Sleigh Ride“, welches eine Fahrt im Pferdeschlitten nachzeichnet. Durch besondere Effekte, wie Peitsche, Hufgeklapper und einem Wiehern, welches durch eine Trompete imitiert wird, gelang es dem Komponisten diesen Ausflug sehr plastisch darzustellen. Ebenso gelang es dem Orchester die Intensionen Andersons brillant wiederzugeben. Gedankt wurde es ihnen mit langanhaltendem Applaus. Um ihr Publikum geografisch nicht zu weite entfernt von der Heimat zu entlassen spielten sie als Zugabe noch das bekannte deutsche Weihnachtslied (übrigens auf einer sizilianischen Melodie basierend) „Oh, du Fröhliche“, bei dem das Publikum mit kräftigen Gesang mit einstimmte.

Fast seit Beginn der Reihe „Kirchenkonzerte“ vor 19 Jahren spendete die Musikkapelle Nüsttal die Einnahmen des Konzertes für die Organisation „Ärzte ohne Grenzen“. Dieses Jahr konnte die persönliche Rekordsumme von 1160,00 Euro überwiesen werden.

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